25 Jahre Verein Ovelgönner Wassermühle e. V.
In der langen Geschichte der Mühlen gehört die Wassermühle zu Ovelgönne zwar der jüngeren Generation an, aber nicht ohne einen gewissen Stolz – dürfen wir feststellen, dass das Gebäude und das Mühlenwerk landesweit zu den besterhaltenen bzw. -restaurierten zählen und dass v. a. das Mahlwerk noch uneingeschränkt seine ursprüngliche Funktion ausbüben kann. Wie im Zeitalter ihrer Errichtung präsentiert unsere ´molina´seit gut einem Vierteljahrundert wieder ihre schlichte Schönheit rustikaler Architektur in einem reizvollen Ambiente niederdeutscher Prägung.
Es war der ehrgeizige, geschäftstüchtige Müller Detlef Schwar, seit 1665 erfolgreicher Pächter der bedeutsamen Amtsmühle zu Moisburg, der sich diesen Standort an dem bereits vorhandenen Fischteich ausgesucht hatte und 1674 die kleine Wassermühle mit oberschlächtigem Antrieb in Eigenregie und auf eigene Kosten bauen ließ, um sie als Moisburger Zweiggeschäft für seinen Landesherrn und nicht zuletzt für seine Zwecke zu nutzen.
„Diese seine Initiative“, so habe ich in einem anderen Kontext ausgeführt, „hatte die volle Unterstützung seines Landesherrn in Celle, lag sie doch ganz auf der Linie der welfischen Territorial- und Machtpolitik. Es konnte und sollte, so hat A. C. Förste überzeugend nachgewiesen, ´nach den ersten Bauernstellen und dem Amtsvorwerk die Mühle der dritte und letzte Bestandteil des alten Ovelgönne werden´, der Ort als Vorposten der Grenz- und Nutzungsstreitigkeiten mit dem bremischen Buxtehude weiter aufgebaut und gestärkt werden (vgl. W. Benecke, Mühlenjournal, ed. 4, 1999, p.19).
Als Schwar sich seit 1680 zunehmend auf geschäftliche Aktivitäten in der (damals welfischen) Stadt Harburg (heute HH) konzentrierte, ging die Ovelgönner Wassermühle in das Eigentum der Vogtei Moisburg über und wurde von Amts wegen bis 1872 sukzessive an insgesamt sechs Müllerfamilien verpachtet. Dann wurde sie von dem Eigentümer des in der Nähe liegenden Bauernhofes erworben und diente bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts den Zwecken des landwirtschaftlichen Betriebes, d. h. zum Schroten sowie dem Antrieb der Dresch- und Sägemaschinen.
Im Zuge der industriellen Revolution, das ist allgemein bekannt, verloren die herkömmlichen Wind- und Wassermühlen zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung und wurden im 20. Jahrhundert, was ihre ursprüngliche Zweckbestimmung betrifft, zur Bedeutungslosigkeit degradiert. So wurde auch der noch vor dem I. Weltkrieg umgerüstete Arbeits- und Wohntrakt der Ovelgönner Mühle vermehrt von Quartiersuchenden, vor allem Hamburger Wochenendurlaubern, angemietet, und im bzw. nach dem II. Weltkrieg dienten die Räumlichkeiten ausschließlich Wohnzwecken.
In den 1970er Jahren war die Mühle so heruntergekommen und verfallen, dass an ihr nur noch mit dem Motiv der Vergänglichkeit arbeitende Kunstmaler oder eben Abbruchfirmen Gefallen an ihr finden konnten. In dem von Annemarie und Rudolf Braunburg zusammengestellten und kommentierten Bildband (Schneekluth Verlag, München, 1981) wird ein Foto von der Mühle in dem damaligen Zustand gezeigt und fast mitleidvoll festgestellt: „Diese reetgedeckte Mühle … ist so zerfallen und liegt so versteckt im Wiesengrund, dass hier niemand mehr ein Wasserrad vermutet.“ (p. 165)
Auch die Presse wies immer wieder auf das heruntergekommene ´Schandmal´“unter Denkmalschutz“ hin. So betitelte die ´Harburger Rundschau´ einen Lokalbericht über die historische Stätte aussagekräftig mit dem Urteil: „In Ovelgönne rostet die Mühle am trockenen Bach“ (ed- 01.04.1977).
Die Mühle stand zur Disposition, und die Stimmen vor Ort, die die Beseitigung des ´Schandflecks´forderten, wurden heftiger. Presseberichte wie der in der Rundschau aber sensibilisierte auch das Bewusstsein vieler Sachkundiger in der Region und bewirkten schließlich ein allgemeines Umdenken in Gesellschaft und Politik, was den Umgang mit historisch wertvoller Substanz betraf.
Die kulturellen Bedürfnisse, die im Zeichen der Wirtschaftswundermentalität verkümmert schienen oder nur von einer Minorität in Anspruch genommen wurden, sollten neu artikuliert und einer breiteren Öffentlichkeit zugeführt werden. Statt eines Abbruchs begann mit dem Jahr 1984 ein völlig neuer Abschnitt in der Geschichte der Ovelgönner Wassermühle, als, eingebunden in ein umfangreiches Sanierungs- und Restaurierungsprogramm der Stadt Buxtehude, unser Verein gegründet wurde und die ´pro cura´übernahm.
In den nunmehr zurückliegenden 25 Jahren ist ein vielfältiges, in sich stimmiges Konzept entwickelt worden, das von qualifizierten Teams aus dem Kreise der Vereinsmitglieder getragen und ehrenamtlich ausgefüllt wird. Das Repertoire umfasst eine regelmäßige Durchführung von Mahl- und Backtagen, Führungen von Schulklassen und anderer formaler Verbände und Arbeitskreisen. Die Mühle dient als Stätte für kleinere gesellige Veranstaltungen, und seit kurzem fungiert sie auch als begehrter Standort für zivile Eheschließungen.
Und immer gilt unser Vereinsmotto:
„Extra molinam non est vita“
Werner Benecke (+)